Letzte Momente der Klarheit: Ein Pionier der Sterbeforschung verändert unseren Blick auf das Leben und Sterben

Mit dem Tod eines Menschen stirbt eine ganze Welt, besagt ein weit verbreitetes Sprichwort. Ein letzter Atemzug, und das, was Leben war, vergeht. Doch gelegentlich geschieht im Umfeld des Sterbens etwas Unerwartetes: Ein Augenblick der Klarheit, ein letztes bewusstes Erleben, das einige Menschen kurz vor ihrem Übergang erfahren. Das in der Sterbeforschung immer wieder auftretende Phänomen wird als „terminale Geistesklarheit“ bezeichnet: Menschen, die unter schweren neurologischen Erkrankungen leiden, erleben gelegentlich in Todesnähe eine unerwartete und spontane Rückkehr kognitiver Klarheit und gewinnen so ihr Erinnerungs- und Kommunikationsvermögen wieder. Diese besonderen Momente der „terminalen Luzidität“ betrachtet Prof. Alexander Batthyány in seinem Sachbuch „Das Licht der letzten Tage“ eingehend.

Batthyány ist Direktor des Viktor-Frankl-Forschungsinstituts für theoretische Psychologie und personalistische Studien an der katholischen Pázmány Péter Universität in Budapest und lehrt an den Universitäten von Wien und Moskau.

Sein Interesse an der terminalen Geistesklarheit verdankt er einem prägenden Telefonat mit seiner Großmutter Anfang der 1990er-Jahre. Batthyány war zu diesem Zeitpunkt Student an der Universität Wien. Seine in Genf lebende Großmutter litt an Demenz, sprach das letzte Jahr ihres Lebens kaum noch und konnte auch einfache Fragen nicht beantworten. Doch kurz vor ihrem Tod telefoniert Batthyány noch einmal mit ihr, sie klingt müde; aber sie spricht klar und ist orientiert. Gemeinsam sprechen sie über die vielen schönen gemeinsam Erlebnisse in Batthyánys Kindertagen, reden über gemeinsame Ausflüge und danken einander für die Freude, die sie sich gebracht haben. Es sollte ihr letztes Gespräch sein. Während Batthyány in seinem Studium immer wieder Erzählungen von Klarheit am Ende des Lebens begegnet, wird es bis zu den ersten Artikeln zum Thema „terminale Luzidität“ im Jahr 2009 dauern, bis er sich intensiver mit diesem Phänomen beschäftigt.

Als einer der Pioniere auf dem Forschungsgebiet der terminalen Geistesklarheit hat Batthyány die erste groß angelegte internationale Studie zu diesem Thema durchgeführt. Inzwischen sind es über 400 Berichte, die ihm und seinem Team vorliegen. Es sind persönliche Geschichten und Erfahrungen von Pflegekräften, Hospizmitarbeiter*innen und Angehörigen. Viele Fallgeschichten wurden bei Demenzkranken beobachtet, andere erzählen von Patient*innen mit Hirntumoren, Schädel-Hirn-Traumata und kognitiven Beeinträchtigungen nach Schlaganfällen.

Wie kann es sein, dass Menschen plötzlich wieder Klarheit erleben? Was sagt uns dies über das Verhältnis zwischen Ich und Gehirn? Und warum sprechen Zeug*innen von diesen Erlegnissen von einer Bestätigung , dass etwas an und in uns unversehrt und behütet bleibt – und zwar auch noch angesichts von Krankheit und Hinfälligkeit, und selbst noch angesichts des eigenen Todes?

Mit seinem Sachbuch präsentiert Alexander Batthyány einen gut verständlichen Überblick, der ein neues Licht auf den Geist, den Körper und die Natur des Bewusstseins wirft. Er präsentiert neueste Ergebnisse und zahlreiche überraschende Fallstudien aus der Nahtodforschung und bietet so tiefgehende Einblicke in die menschliche Erfahrung an der Schwelle des Todes. Das Licht der letzten Tage eröffnet neue Perspektiven der Hoffnung und bietet Hinweise auf die Unvergänglichkeit der menschlichen Seele und ist eine Einladung, die Grenzen unseres Verstehens zu erweitern und unter der behutsamen Leitung des Autors in die tiefen Fragen der menschlichen Existenz einzutauchen.

„Das Licht am Ende des Lebens“ erscheint am 2. Oktober 2024.

Quelle/Foto: Verlagsgruppe Droemer Knaur